Lieferketten im Maschinenbau: Die aktuelle Lage und der Ausblick

Im Maschinenbau sind Lieferketten von größter Bedeutung. Primär geht es dabei um internationale Lieferbewegungen. Allein 26 Prozent aller Vorprodukte im Maschinenbau stammen aus dem Ausland. Deshalb leidet die Branche weiterhin unter den Folgen der Corona-Pandemie. Lieferengpässe und Transportschwierigkeiten bestimmen bis heute den Alltag der Industrie.

Die Entwicklung scheint sich in diesem Jahr eher noch zu verschärfen. Auch der Fachkräftemangel schlägt zunehmend durch. Wohin steuern die Lieferketten im Maschinenbau und was bedeutet das für die allgemeine Prognose der Schlüsselindustrie?

 

SO SETZEN SICH LIEFERKETTEN IM MASCHINENBAU ZUSAMMEN

Allgemein geht es im Maschinen- und Anlagenbau um komplexe Erzeugnisse. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Maschinenproduzent. Somit ist der Maschinen- und Anlagenbau die Export- und Innovationsbranche schlechthin in unserem Land. Die Wertschöpfungskette ist im Maschinenbau teilweise in andere Länder verlagert. Das macht es nicht immer einfach, die Lieferkette (Supply Chain) widerstandsfähig aufzustellen.

Die Maschinenbauer – vielfach mittelständische Unternehmen – stellen Maschinen und Anlagen her, die in der gesamten Wirtschaft benötigt werden. Dazu sind technologische Vorprodukte notwendig, die weiterverarbeitet und veredelt werden. Nicht erst in Zeiten von Industrie 4.0 und Digitalisierung ist die damit verbundene Supply Chain global ausgerichtet.

Im Ausland kaufen deutsche Maschinen- und Anlagenbauer unter anderem Folgendes ein:

  • Rohstoffe
  • Vorprodukte
  • Werkzeuge
  • technische Dienstleistungen

In die andere Richtung werden in Deutschland hergestellte Maschinen- und Anlagen ins Ausland exportiert. Im Jahr 2019 sind Maschinen im Wert von fast 200 Milliarden Euro exportiert worden. Das geht aus dem Kurzgutachten „Lieferketten in der Zeit nach Corona“ des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor.

LIEFERKETTEN IN DER ZEIT NACH CORONA

In der Regel wird deshalb beim Einkauf eine Lieferkette aus mehreren Zulieferern und Beteiligten bestehen.

Neben dem direkten Bezug etwa von technologischen Vorprodukten aus dem Ausland besteht eine intensive interne Verflechtung in der Gesamtindustrie der Zulieferer. Berücksichtigt man diese bei der Betrachtung der Lieferketten im Maschinenbau, muss man von einem Anteil von über 40 Prozent an ausländischen, im Maschinenbau benötigten Vorprodukten ausgehen.

Die indirekte Verflechtung spielt deshalb eine Rolle, weil bis zu einem direkt bezogenen Vorprodukt häufig innerhalb des Lieferantenkreises noch weitere Vorleistungen nötig sind. Hier sind die relevanten Beschaffungsmärkte in sich miteinander verwoben.

AUSLÄNDISCHE LIEFERKETTE IM MASCHINENBAU NÄHER BETRACHTET

Wertmäßig ausgedrückt, beziehen Maschinenbauunternehmen in Deutschland jährlich Vorprodukte aus dem Ausland mit einem Wert von rund 160 bis 200 Milliarden US-Dollar. Verlässliche Zahlen liegen zurzeit für das Jahr 2015 mit 158 Milliarden US-Dollar vor. Die jeweiligen Zulieferer-Länder verteilen sich dabei auf Europa und den Rest der Welt. Acht der maßgeblichen Zulieferer sind europäische Länder. Jedoch ist insgesamt China der größte Zulieferer für den deutschen Maschinenbau.

Die Abhängigkeit von ausländischen Zulieferern ist dabei in unterschiedlichen Sektoren des Maschinenbaus unterschiedlich groß. In der Metallerzeugung und -bearbeitung ist man besonders auf ausländische Lieferanten angewiesen. Der Anteil an Vorprodukten aus dem Ausland liegt hier bei 40 Prozent. Im Bergbau sind es teilweise sogar über 90 Prozent. Das geht ebenfalls aus dem IfW-Kurzgutachten hervor.

In oberflächlicher Betrachtung fällt eine große Diversifikation in Maschinenbau-Lieferketten auf. Daraus zu schließen, der deutsche Maschinen- und Anlagenbau sei vor Lieferengpässen und anderen Störungen gut geschützt, kann in die Irre führen. In manchen Bereichen und Sektoren kann sich die Verfügbarkeit von Vorprodukten und anderen notwendigen Gütern für die Produktion auf wenige oder nur einen Anbieter reduzieren.

WAS SIND DIE GENERELLEN HERAUSFORDERUNGEN?

Insgesamt ist die Maschinenbaubranche in ein Netz europäischer und weltweiter Lieferketten integriert. Hier stammen 90 Prozent aller Vorprodukte im Maschinenbau aus dem europäischen Wirtschaftsraum. Obwohl der Anteil der direkt verwendeten Vorprodukte aus China nur 2,7 Prozent ausmacht, besteht über die weitere Verflechtung aller beteiligten Zulieferer eine hohe Abhängigkeit von Importen aus Asien.

Maschinenbauunternehmen benötigen die Zulieferungen aus dem Ausland. Ebenso sind sie als exportabhängige Industrie auf funktionierende Lieferwege ins Ausland angewiesen. Störungen in Lieferketten wirken sich immer auf Import und Export aus.

Sie haben auch mögliche Effekte auf die Nachfrage im Ausland an deutschen Produkten. Der Maschinenbau will und muss weltweit exportieren. Die Produktionskapazitäten, die Anzahl der Arbeitskräfte und die gesamte Ausstattung sind auf ein starkes Exportgeschäft ausgerichtet.

 

WAS HAT SICH IN DEN LETZTEN JAHREN GEÄNDERT?

Maschinenbau ist Innovationstreiber und innovationsgetrieben. Die Entwicklungen der letzten Dekaden und Jahre im Bereich der Digitalisierung schlagen in der Maschinenbauindustrie durch. Viele Unternehmen haben sich modernisiert und digital aufgestellt. Industrie 4.0 hat im Maschinenbau ein besonderes präsentes Gesicht.

VERÄNDERTE BEDINGUNGEN

Die Digitalisierung hat auch die Bedingungen für die Lieferketten geändert. Unter anderem sind Echtzeit-Modelle und Just-in-Time-Prozesse bedeutsam geworden. Um die hohen Standards der Maschinenbautechnik zu halten, haben viele Betriebe investiert. Automatisierungsprozesse kommen verstärkt auf.

Die Wertschöpfungskette stellt sich agiler auf, kann damit aber auch störungsanfälliger werden. Wer Lagerkapazitäten abbaut, ist auf die ständige Nachlieferung von Vorprodukten und Rohstoffen angewiesen.

Daten spielen eine zunehmende Rolle im Maschinenbau. Hier geht es darum, die gesamte Herstellung und Produktion datenbasiert aufzustellen. Das erfordert insbesondere im Kontext der Automatisierung die Verarbeitung einer Vielzahl von Daten innerhalb einer Datenstrategie.

NACHHALTIGKEIT UND GRÜNE TRANSFORMATION

Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit und einer grünen Transformation kommen hinzu. Diese werden allerdings bei der Supply Chain häufig noch nicht in den Fokus gestellt. Experten sind hier überzeugt, dass im Bereich der Nachhaltigkeit in den Lieferketten des Maschinenbaus viel Potenzial ungenutzt bleibt. Das ergab auch die Studie „Green Transformation im Maschinen- und Anlagenbau“.

Neue gesetzliche Vorgaben wie das Lieferkettengesetz treffen Maschinenbauunternehmen. Hier müssen Maschinenbauunternehmen die Verantwortung für Arbeitsbedingungen in der Lieferkette übernehmen. Viele Beteiligte aus der Maschinenbauindustrie halten die Gestaltung des Gesetzes für schlecht umsetzbar. Das führte unter anderem zu einer teilweisen Verlagerung von Lieferanten-Beziehungen innerhalb des globalen Lieferantennetzes. Es hat möglicherweise die Diversifikation in der Supply Chain eingeschränkt.

KI UND WEITERE TECHNIKEN

Die Anforderungen an die Resilienz der Maschinenbau-Wertschöpfung wird immer größer. Investitionen in KI (Künstliche Intelligenz) werden notwendig, um mit mathematischen Modellen alternative Planungen bei Störungen in den Lieferketten zu ermöglichen. Wie wichtig diese Entwicklung ist, hat unter anderem die Coronapandemie mit ihren vielen Unterbrechungen in den Lieferketten gezeigt.

Techniken wie der aufkommende 3D-Druck bringen eine Rückverlagerung der Wertschöpfung nach Deutschland und Europa in die Diskussion. Auch das ist eine Entwicklung, deren Sinn und Nutzen bei Betrachtung der Corona-Pandemie-Folgen weitere Überlegungen wert sind.

 

 

MÖGLICHE UMSATZEINBUSSEN

Insgesamt ist es eine der größten allgemeinen Herausforderungen in der Maschinenbauindustrie, eine Balance zwischen Rendite und Kosten zu halten. Die Branche ist ständig in Bewegung und sehr dynamisch. Zögern verzeiht sie in der Regel nicht. Auf der Abnehmerseite macht insbesondere die Konkurrenz aus China dem deutschen Maschinenbau zu schaffen.

Handelshemmnisse wirken sich auf den Maschinenbau aus. In den letzten Jahren sind Abschottungstendenzen verschiedener Länder und Märkte zu beobachten. Zu Diskussionen kam es unter anderem mit den USA. Marktabschottungen von Deutschland und der EU führen je nach Ausmaß immer zu Umsatzeinbußen im Maschinenbau. Sie haben Auswirkungen auf die Lieferketten und den Absatz. Maschinenbauunternehmen sind deshalb an durchlässigen Weltmärkten interessiert.

WO LIEGEN DIE AKTUELLEN HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE MASCHINENBAUBRANCHE?

Mit der Coronapandemie sind verschiedene aktuelle Probleme in der Maschinenbauindustrie entstanden.

LIEFERENGPÄSSE

Corona hat einzelne Lieferketten für einige Zeit vollständig unterbrochen. Infolge dieser Unterbrechungen ist eine problematische Situation im Transportwesen, vornehmlich mit Containern, zu beobachten. Der Mangel an Containern und Schwierigkeiten bei der Abfertigung führten ab 2020 zu anhaltenden Lieferengpässen.

Diese halten heute noch an, weil sich das gesamte System noch nicht vollständig erholt hat. Außerdem ist die Nachfrage nach dem ersten Corona-Schock und einem starken Nachfrageeinbruch sprunghaft angestiegen. Kaum zu bewältigen für die maßgeblichen Beteiligten in den Lieferketten.

Es kommt hinzu, dass insbesondere an den Umschlagplätzen in China bis in das Jahr 2022 hinein immer wieder durch Lockdowns Zeiten vollständigen Stillstands aufgetreten sind. Container stauen sich, werden mit Verzögerung abgefertigt und erreichen deshalb nicht in der vorgesehenen Zeit die Unternehmen oder Abnehmer.

EINGEBROCHENE AUFTRAGSZAHLEN, GESTIEGENE NACHFRAGE

Die krisenhafte Entwicklung um Covid-19 betrifft im Maschinenbau Export und Import. Der deutsche Maschinenbau musste mit einem Einbruch der Auftragszahlen zurechtkommen, danach aber sofort eine gestiegene Nachfrage befriedigen.

MATERIALENGPÄSSE

Bei der Beschaffung von Rohstoffen und Vorprodukten schlagen seit 2022 weitere Krisen durch, die mit den noch andauernden Folgen der Pandemie eine Verbindung eingehen.

Der Ukraine-Krieg wirkt sich zusammen mit pandemiebedingten Produktions- und Abbauausfällen in Asien inzwischen in den verschiedensten Bereichen, vornehmlich mit Materialengpässen aus. Dabei gibt es inzwischen Engpässe bei Produkten und Erzeugnissen, die zu anderen Zeiten immer verfügbar waren. Holz, Elektronikkomponenten und Werkzeuge sind nur einige Beispiele.

Im April dieses Jahres bestätigten in einer aktuellen Umfrage der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) 78 Prozent der Befragten Maschinenbauunternehmen ernsthafte Materialengpässe.

 

FACHKRÄFTEMANGEL

Der schon seit Jahrzehnten prognostizierte Fachkräftemangel zeigt gerade bei Maschinenbauunternehmen inzwischen seine reale Existenz. In der genannten Umfrage beschrieben 78 Prozent der befragten Unternehmen in der Maschinenbauindustrie gravierenden Personalmangel. Facharbeiter fehlen überall. Das Nachwuchsproblem drückt.

INFLATION

Der weltweit einsetzende Trend der Inflation wirkt sich primär auf der Kostenseite auf die Maschinenbauindustrie aus. Preise und Kostenstrukturen müssen anders kalkuliert werden.

VERÄNDERUNGEN DER ZULIEFERERNETZE

Viele Unternehmen müssen angesichts dieser akuten krisenhaften Entwicklung Änderungen in ihren Zulieferernetzen umsetzen. Viele erweitern ihr Lieferantennetz, erhöhen die Lagerhaltung und versuchen auf alternative Rohstoffe und Vorprodukte auszuweichen.

Diese Maßnahmen binden Personal, Zeit und Geld. Sie verschaffen damit in einer Situation ausdünnender personeller Ressourcen weitere Herausforderungen für die Maschinenbauindustrie.

In der zitierten Umfrage sehen 87 Prozent der Unternehmen akut die Lieferketten unter intensivem Druck und stark beeinträchtigt.

 


WIE MUSS DIE BRANCHE REAGIEREN, UM DIESE HERAUSFORDERUNGEN ZU MEISTERN?

Die Maschinenbaubranche hat bereits mit Maßnahmen begonnen, um auf die Krise in der letzten Zeit zu reagieren. Dabei dürfte ein Fokus intensiv darauf gerichtet sein, Lieferketten noch widerstandsfähiger zu machen. Zu unterscheiden sind kurzfristige Maßnahmen und mittelfristige Anpassungen in technologischer Hinsicht.

Zunächst werden die meisten Unternehmen sich darauf konzentrieren, die Versorgung mit Zuliefererprodukten wie Vorprodukten im letzten Quartal 2022 und für das erste Halbjahr 2023 zu sichern.

Hier sind verstärkte Anstrengungen notwendig, um gegebenenfalls auch alternative Quellen für Zulieferungen zu erschließen. Die Planung muss vorausschauender werden, um mit den anhaltenden Störungen beim Containertransport umzugehen.

Bei den Lieferketten selbst werden Unternehmen intensiver auf Automatisierung und Digitalisierung setzen. KI- und datengesteuerte Prozesse ermöglichen es, in kürzester Zeit auf Störungen in der Lieferkette zu reagieren. Hierzu sind weitere Investitionen in die Automatisierungstechnik notwendig.

Ein schwierig lösbares Problem ist der Fachkräftemangel. Ob es der Branche gelingen wird, aus dem Ausland weitere Fachkräfte zu rekrutieren, ist noch nicht abzusehen. Auch andere Länder haben einen hohen Bedarf an Facharbeitern. Vor allem muss sich die Maschinenbaubranche auch mit den politischen Bedingungen für die Einwanderung in Deutschland auseinandersetzen.

FAZIT: INVESTITIONEN AUSBLICK AUF DIE NÄCHSTE ZEIT

Für das Jahr 2022 haben insgesamt fast 80 Prozent der Maschinenbauunternehmen ein Umsatzwachstum erwartet. Hier gilt es zu analysieren, ob dieses Wachstum nicht überwiegend inflationsgetrieben ist.

Der relative Optimismus in der Branche zeigt sich weiterhin an der Investitionsbereitschaft. Über 80 Prozent der Unternehmen wollen in diesem Jahr ihre Investitionen im Vergleich zum Vorjahr steigern.

Die Herausforderungen und Anforderungen an die Maschinenbauindustrie werden sich kurz- und mittelfristig nicht verringern. Will die Branche ihre hohen Standards und ihre Exportstärke halten, sind ständig Anpassungen in der Lieferkette notwendig. Hier dürfte der Trend zur weiteren Diversifizierung gehen. Ebenso in Richtung einer Rückverlagerung von Wertschöpfung nach Deutschland und Europa.

Insgesamt muss der Maschinenbau noch krisenfester, die Supply Chain noch widerstandsfähiger werden. Das gelingt nur mit noch mehr Automatisierung.

Die Wettbewerbssituation mit China wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter verschärfen. China drängt darauf, massiv an der Wertschöpfung teilzunehmen und eigene Produkte weltweit zu verkaufen. Hier wird es im Maschinenbau auch darum gehen, preislich unbedingt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die nächsten Jahre durften entscheidend dafür sein, ob die Maschinenbauindustrie in Deutschland an die bisherige Exportleistung und ihren hohen Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Leistung anknüpfen kann. Dabei kommt dem Lieferketten-Management eine entscheidende Bedeutung zu.

 

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