LÄNDERÜBERGREIFENDER MASCHINENTRANSPORT: WAS IST ZU BEACHTEN?

Der Export ist für die Maschinen- und Anlagenbauer der EU existentiell, der Exportwert für das Jahr 2022 lag bei 576 Milliarden Euro – ein neuer Rekord. Dabei sind Maschinenausfuhren über Ländergrenzen hinweg ein durchaus komplexes Thema.

STARKER EU-EXPORT IM MASCHINENBAU

Die Zahlen, die der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für das Jahr 2022 vorlegen, bedeuten für die Branche ein gutes Zeichen. Mit einem Exportwert von 576,4 Milliarden Euro erzielten die Maschinen- und Anlagenbauer in der Europäischen Union einen Rekord. Das Vorjahresergebnis der Maschinenausfuhren konnte noch einmal um knapp über 10 Prozent gesteigert werden.

EU-Binnenmarkt von besonderer Bedeutung

Der sogenannte Intrahandel im EU-Binnenmarkt, also alle Ausfuhren zwischen den EU-Mitgliedstaaten (EU-27), machte etwas mehr als die Hälfte des Gesamtergebnisses aus. Mit einem Wert von 284,1 Milliarden Euro rangierte der Extra-EU-Handel in Länder außerhalb der EU aber nur knapp dahinter.

Umgekehrt bedeutet das für den Maschinenimport, dass die EU-27 deutlich mehr aus anderen EU-Ländern einführen: Der Anteil an Importen erreichte einen Anteil von rund 65 Prozent.

Herausforderung für die Logistikbranche

Für die Logistikbranche sind diese Entwicklungen einerseits erfreulich, weil sie für kontinuierliche Aufträge sorgen. Andererseits erfordert jeder Maschinentransport eine logistische Höchstleistung – und das gilt nicht allein für die eingesetzte Technik.

Ausfuhren über Ländergrenzen hinweg sind vor allem organisatorisch eine Herausforderung, weil es besonders bei Überführungen in Drittländer außerhalb der EU andere Bestimmungen für den Maschinentransport bestehen. Die korrekte Dokumentation ist daher ein unerlässliches Schlüsselelement für den erfolgreichen Export von Maschinen und Anlagen.

 

ALLGEMEINE VORBEREITUNGEN FÜR DEN MASCHINENTRANSPORT

Bei jedem Maschinentransport – ob innerhalb eines Landes oder für die Ausfuhr – müssen grundlegende Fragen geklärt werden:

  • Welche Fahrzeuge und Hilfsmittel sind notwendig, um die entsprechende Anlage auf das Transportfahrzeug zu verfrachten?
  • Wie muss dieses Transportfahrzeug ausgestattet sein, um die Last problemlos führen zu können?
  • Kommen – je nach Distanz zum Bestimmungsort – auch andere Transportwege in Frage, zum Beispiel per See- oder Luftfracht?
  • Wie soll oder muss die Maschine/die Anlage verpackt werden?

Ein entscheidender Faktor bei allen Planungen ist die Destination selbst – etwa für die Streckenplanung. Hier geht es nicht allein um möglichst kurze Fahrzeiten oder zu erwartende Mautgebühren. Es geht selbst innerhalb der EU bisweilen darum, die nationalen Normen und Vorschriften für Transporte mit einer gewissen Last einzuhalten.

Italien beispielsweise hat vor einigen Jahren die Vorgaben für den Schwertransporte verschärft. Die Vergabe von Genehmigungen ist dadurch an genaue Informationen zum Transportgewicht geknüpft, da die Behörden nur so die Einhaltung der Maximallast für Brücken oder Straßenzüge gewährleisten können.

Konzessionen werden nur dann vergeben, wenn die Stabilität und Sicherheit der Infrastruktur entlang der gesamten Transportstrecke eingehalten werden kann.

MASCHINEN ALS GEFAHRGUT

Seit dem 1. Januar 2023 gelten für den Transport von Maschinen, die potenzielle Gefahrgüter (giftige Gase, entzündbare oder ätzende Stoffe) enthalten, neue Vorschriften. Gemäß Sonderregelungen im „Übereinkommen über den Transport gefährlicher Güter über die Straße“ (ADR) waren solche Maschinen und Gerätschaften beim Transport über Land lange von einer Kennzeichnung befreit – anders als im See- oder Luftverkehr.

Liegt eine Gefahrguteinstufung für ein enthaltenes Betriebsmittel (im inneren Aufbau oder in den Funktionselementen) vor, muss die betreffende Maschine nun ebenfalls klassifiziert und einer UN-Nummer zugeordnet werden. In der Pflicht sind dabei die Versender solcher Maschinen.

Angeglichene Regelungen erleichtern den Intra-Export innerhalb der EU

Das Beispiel Italien sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Maschinentransport für den Export zwischen EU-Ländern vergleichsweise einfach ist. Mit dem Ziel, den EU-Binnenmarkt zu stärken, gelten weitgehend einheitliche Regelungen. Schwer- und Spezialtransporte sind aufgrund ihrer Dimensionen ohnehin als Ausnahmen zu verstehen.

Deutlich komplexer werden die Anforderungen, wenn die Ausfuhr in ein sogenanntes Drittland erfolgt. In solchen Fällen ist eine Reihe zusätzlicher Bestimmungen zu beachten. Vereinfacht dargestellt geht es in diesem Zusammenhang einerseits um die Vorgaben zur Ausfuhr aus der EU, andererseits um die Regelungen bei der Einfuhr im Bestimmungsland.

MASCHINENTRANSPORT AUS DER EU: GRUNDLEGENDES ZU DEN ZOLLBESTIMMUNGEN

Soll eine Maschine oder eine Anlage über die Grenzen der EU hinaus exportiert werden, braucht es dafür in der Regel eine Ausfuhranmeldung. Außerdem müssen die außenwirtschaftlichen Beschränkungen – die sogenannte Exportkontrolle – eingehalten werden.

Ausfuhranmeldungen für Maschinentransporte

Unterschieden wird zwischen einem einstufigen und einem zweistufigen Ausfuhrverfahren, die sich nach bestimmten Wertschwellen richten.

  • Einstufige Ausfuhrverfahren mit Ausfuhranmeldung sind ab einem Sendungswert von 1.000 Euro erforderlich. Zuständig ist dabei die „Ausgangszollstelle“, also die Zollstelle für die EU-Außengrenze.
  • Zweistufe Ausfuhrverfahren gelten ab einem Sendungswert von 3.000 Euro. Hierbei sind sowohl die lokale Binnenzollstelle („Ausfuhrzollstelle“) als auch die schon erwähnte Ausgangszollstelle involviert.

SENDUNGSWERT FÜR DEN EXPORT RICHTIG KALKUKIEREN

Die für eine Ausfuhranmeldung zugrundeliegenden Wertschwellen von 1.000 bzw. 3.000 Euro beziehen sich immer auf den statistischen Wert der Sendung und nicht den Rechnungswert.

Um den statistischen Wert zu ermitteln, können beispielsweise die Frachtkosten bis zur deutschen Grenze anteilig auf den Rechnungsbetrag aufgeschlagen werden. Basis der Berechnung ist außerdem immer der reale Wert der Sendung. Daher müssen selbst bei kostenlosen Ersatzsendungen die normalen Verkaufspreise der Güter angegeben werden.

 

Für die Ausfuhranmeldung gibt es ein elektronisches Verfahren, das der deutsche Zoll eingerichtet hat. Die ATLAS-Ausfuhranmeldung (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zoll-Abwicklungs-System) können mit Hilfe zertifizierter Software oder kostenfreien Programmen des Zolls (zum Beispiel Internetausfuhranmeldung Plus/IAA Plus) von den Unternehmen selbst erstellt werden.

Alternativ übernehmen die Speditionen oder Zollagenturen diese Aufgabe, denn für das Erstellen der Anmeldung braucht es fundierte zollrechtliche Kenntnisse. Das gilt für das Ausfuhrverfahren als solches genauso wie für die notwendigen Codierungen für Zollstellen, EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification Number), genutzte Verkehrswege, Waren- bzw. Zolltarifnummern, außenwirtschaftsrechtliche Unterlagenkürzel und einiges mehr.

Sobald alle erforderlichen Daten im ATLAS-System hinterlegt sind und der Zoll die Freigabe erteilt hat, wird ein elektronisches „Ausfuhrbegleitdokument“ (ABD) erstellt, das in ausgedruckter Form der zu versendenden Ware beigelegt werden muss.

 

Außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen für den Export

Unter bestimmten Umständen greifen die Exportkontrollbestimmungen des EU-Rechts und des deutschen Rechts. Insgesamt gibt es vier Beschränkungsgründe, die unabhängig voneinander überprüft werden. Ist einer dieser Gründe erfüllt, bedarf es einer Ausfuhrgenehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Geprüft wird dabei

  • das Gut. In erster Linie geht es darum, ob es sich um militärische Güter und sogenannte Dual-Use-Güter handelt, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich eingesetzt werden können.
  • der Empfänger, nämlich auf eine Nennung in der EU-Sanktionsliste oder der deutschen Frühwarnliste.
  • der Verwendungszweck, insbesondere bei Gütern mit kritischem Verwendungszweck.
  • die länderspezifischen Embargobestimmungen.

Aus Unternehmenssicht problematisch sind die Bearbeitungszeiten bei der Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen. Laut VDMA wirkt der Antragsstau von 2022 noch immer nach, was in der Hälfte der Fälle zu Laufzeiten von mehr als neun Monaten führt. Neue Regelungen für die Antragstellung sollen jedoch für Abhilfe sorgen.

NEUE ALLGEMEINGENEHMIGUNGEN FÜR DUAL-USE-GÜTER

Am 1. September 2023 sind neue Allgemeingenehmigungen für Dual-Use-Güter in Kraft getreten. Dadurch sind beim Export keine Einzelgenehmigungen beim BAFA mehr notwendig.

Die Regelungen gelten für die Ausfuhr in eine Reihe von Ländern, unter anderem soll der Maschinenexport nach Südkorea, Singapur, Chile, Uruguay, Mexiko und Argentinien vereinfacht und damit beschleunigt werden.

EINFUHR VON MASCHINEN IM BESTIMMUNGSLAND

Die Pflichten bei der Anmeldung einer Ausfuhr – sei es innerhalb der EU oder an ein nicht-europäisches Drittland – sind nur ein Schritt hin zu einem erfolgreichen Maschinentransport. Zu beachten sind nämlich gleichzeitig die gesetzlichen Vorgaben, die für die Einfuhr im Bestimmungsland gelten.

Warenbegleitpapiere und Abgaben für die Einfuhr

Ausländische Zollbehörden folgen oft eigenen Vorgaben, entsprechend müssen sich exportierende Maschinen- und Anlagenbauer mit den jeweils notwendigen Warenbegleitpapieren auseinandersetzen. Die Bandbreite der sogenannten Konsulats- und Mustervorschriften reicht von Handelsrechnungen über Ursprungszeugnisse und Packlisten bis hin zu internationalen Frachtbriefen und Einfuhrlizenzen.

Für einen besseren Überblick hat die Europäische Kommission eine Datenbank angelegt, in der alle Informationen zu landesspezifischen Einfuhrzollsätzen und -bestimmungen zusammengefasst sind. Als Pendant zu Access2Markets hat die Welthandelsorganisation WTO ein eigenes Onlineportal eingerichtet. „Help Me Trade“ soll zu mehr Transparenz im internationalen Handel beitragen.

Warenbegleitpapiere und Abgaben für die Einfuhr

Aufgrund der unterschiedlichen Präferenz- bzw. Freiverkehrsabkommen, die die EU mit anderen Ländern geschlossen hat, müssen zudem unterschiedliche Regelungen zu Zollermäßigungen oder Zollfreiheit beachtet werden. Hierzu gehören unter anderem:

  • das EU-Vereinigtes Königreich Abkommen (TCA),
  • das EU-Vietnam Abkommen (EUVFTA),
  • das EU-Singapur Abkommen (EUSFTA),
  • das EU-Japan Abkommen (JEFTA),
  • das EU-Kanada Abkommen (CETA),
  • das EU-Korea Abkommen sowie
  • die EU-Türkei Besonderheiten.

Um von den reduzierten oder erlassenen Einfuhrzollsätzen zu profitieren, müssen jedoch die entsprechenden Präferenzpapiere (etwa EUR.1 oder EUR.MED) mitgesendet werden. Diese Möglichkeit besteht wiederum nur dann, wenn bestimmte produktspezifische Herstellungsregeln bezüglich des Ursprungs der Waren erfüllt sind.

Voraussetzung für einen Präferenznachweis ist daher die Lieferantenerklärung. Darin werden alle relevanten Informationen zur betreffenden Ware und ihren Ursprungseigenschaften erfasst. Dazu muss der Herstellungsbetrieb die Einhaltung der vorgeschriebenen Ursprungsregeln überprüfen.

Unter Umständen ist außerdem ein Ursprungszeugnis erforderlich. Ein solches wird beispielsweise bei der Einfuhr in arabische Länder oder nach Russland erwartet.

 

WICHTIGE INTERNATIONALE VERTRÄGE FÜR DEN LÄNDERÜBERGREIFENDEN MASCHINENTRANSPORT

Eine länderübergreifende Maschinenausfuhr ist nicht nur im Hinblick auf Zollangelegenheiten ein komplexes Verfahren. Auch in Sachen Vertragsrecht kann es kompliziert werden, wenn die Vertragspartner in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Rechtsordnungen sitzen.

Für außenwirtschaftliche Aktivitäten sind grenzüberschreitende internationale Verträge deshalb die rechtliche Grundlage. Gängige Vertragstypen sind etwa Kauf- und Lieferverträge oder Industrieanlagenverträge. Um einerseits Rechtssicherheit für alle Vertragsparteien zu gewährleisten und andererseits den internationalen Handel nicht durch juristische Fragen zu behindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten für das Erstellen von gültigen Verträgen.

ICC Musterverträge

Die Internationale Handelskammer (ICC) beispielsweise hat von Experten der Kommission für Handelsrecht und -praxis die sogenannten ICC-Musterverträge entwickeln lassen. Unternehmen jeder Größe erhalten damit ein umfangreiches Hilfsmittel, denn die Verträge decken verschiedene Themenbereiche ab und können selbst dann genutzt werden, wenn im Unternehmen nur juristische Grundkenntnisse vorhanden sind.

Incoterms® der ICC

Neben den Musterverträgen hat die ICC die international anwendbaren Incoterms® geschaffen. Sie tragen ebenfalls dazu bei, rechtliche Komplikationen zwischen Vertragsparteien zu minimieren.

Bei den Incoterms® handelt es sich um einheitliche Vertrags- und Lieferbedingungen, die für den Abschluss eines Kaufvertrags genutzt werden können. Sie erlauben sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Handelsgeschäften eine standardisierte Abwicklung, indem Kostenverteilungen, Risikoverteilungen und Sorgfaltspflichten genau definiert werden.

Die aktuellen Incoterms® 2020 beinhalten insgesamt elf Klauseln:

1 EXW Ex Works / Ab Werk
2 FCA Free Carrier / Freier Frachtführer
3 FAS Free Alongside Ship / Frei Längsseite Schiff
4 FOB Free On Board / Frei an Bord
5 CFR Cost and Freight / Kosten und Fracht
6 CIF Cost, Insurance and Freight /Kosten, Versicherung und Fracht
7 CPT Carriage Paid To / Frachtfrei
8 CIP Carriage, Insurance Paid to / Frachtfrei versichert
9 DAP Delivered at Place / Geliefert benannter Ort
10 DPU Delivered at Place Unloaded / Geliefert benannter Ort entladen
11 DDP Delivered Duty Paid / Geliefert verzollt

 

Unterscheiden lassen sich die Klauseln nach den Transportarten, für die sie Gültigkeit besitzen:

Incoterms®-Klauseln für alle Transportarten Incoterms®-Klauseln für See- und Binnenschiffstransport
EXW

FCA

CPT

CIP

DAP

DPU

DDP

FAS

FOB

CFR

CIF

 

Die Incoterms® haben selbstverständlich ihre Grenzen. Zum einen sind sie nicht verpflichtend, Handelsverträge müssen also nicht auf die verfügbaren Klauseln zurückgreifen. Zum anderen ersetzen sie nicht die kaufvertraglichen Bestimmungen oder das zugrundeliegende Recht, das für einen Vertragsabschluss, eine Eigentumsübertragung, die Zahlungsabwicklung oder die Rechtsfolgen im Fall von Vertragsbrüchen ausschlaggebend ist.

Ohne Frage stellen die Klauseln dennoch eine enorme Erleichterung da, wenn es um internationale Geschäftsbeziehungen geht. Da auch Nicht-EU-Märkte in Übersee für die europäischen Maschinen- und Anlagenbauer von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind, können die Incoterms® daher zu einer reibungslosen Maschinenausfuhr beitragen.

 

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