Autonome Logistik der Zukunft

WERDEN GÜTER BALD OHNE MENSCHLICHES ZUTUN TRANSPORTIERT?

Die gesamte Mobilität befindet sich derzeit in ihrem tiefgreifendsten Wandel, seitdem das Automobil überhaupt marktreif und massenkompatibel wurde:

  • Einerseits wird versucht, die Elektromobilität zügig auszubauen, um Abgasemissionen zu unterbinden und unabhängig von schwindenden und immer teurer werdenden fossilen Energieträgern zu werden.
  • Andererseits hat sich die Fahrzeugdigitalisierung seit den 1990ern deutlich weiterentwickelt. Autonome Fahrzeuge werden heute vielfach getestet und in manchen Regionen bereits eingesetzt.

Gerade im nichtöffentlichen Bereich lassen sich automatisierte Lösungen bereits umfangreicher einsetzen. Große Logistikzentren wie die von Amazon und ähnlichen Global-Playern zeigen, wie der interne Betrieb mit nur einer äußerst geringen Zahl von Menschen, dafür vielen weitgehend eigenständig arbeitenden Robotern absolut praxistauglich und mit verschiedenen Vorteilen gehandhabt werden kann.

 

AUTONOMES FAHREN: WAS IST DAS EIGENTLICH?

In einem modernen LKW wird der Fahrer durch ein schwergängiges, vibrierendes Lenkrad gehindert, die Spur zu wechseln, wenn auf dieser gerade ein anderes Fahrzeug naht. Der gesetzlich verpflichtend eingebaute Notbremsassistent handelt sogar völlig ohne Zutun – oder Übersteuerungsmöglichkeiten.

Der Begriff des autonomen Fahrens lässt jedoch mehrere Definitionsmöglichkeiten zu. In der Fachwelt haben sich sogenannte Autonomie-Levels beziehungsweise -Grade etabliert, mit denen festgelegte Fahrzeugfähigkeiten einhergehen:

Level 1 – assistiertes Fahren: Der Fahrer wird von einzelnen Assistenzsystemen unterstützt (etwa Abstandsautomatik), benötigt jedoch ständig volle Fahrzeugkontrolle über alle Parameter und ist haftbar.

Level 2 – teilautomatisiertes assistiertes Fahren: Das Fahrzeug kann auf Wunsch in bestimmten Situationen kurzzeitig bestimmte grundlegende Prozesse selbst durchführen – etwa Einparken, das Halten von Spur und Tempo und das Bremsen. Dafür werden mehrere Assistenzsysteme eingesetzt. Der Fahrer benötigt jedoch ständig die volle Fahrzeugkontrolle, kann sich keinen anderen Tätigkeiten widmen und ist haftbar.

Level 3 – automatisiertes Fahren: Das Fahrzeug kann auf Wunsch in bestimmten Situationen längerfristig bestimmte grundlegende Prozesse selbst durchführen – etwa Überholen, das Halten von Spur und Tempo sowie das Bremsen. Dies wird durch mehrere Assistenzsysteme unterstützt. Der Fahrer kann sich in vom Hersteller vorgegebenen Situationen abwenden, muss jedoch mit einer gewissen Vorwarnzeit eingriffsbereit bleiben und ist haftbar.

Level 4 – hochautomatisiertes autonomes Fahren: Das Fahrzeug kann in bestimmten Situationen sämtliche Tätigkeiten selbst durchführen und längerfristig ohne jegliche menschliche Bedienung sicher fahren. Der Fahrer muss anwesend sein, um in Situationen einzugreifen, welche die Leistungsfähigkeit des Systems übersteigen. Im autonomen Modus ist der Fahrer nicht mehr haftbar.

Teleoperiertes Fahren: Die technische Leistungsfähigkeit entspricht dem Level 4. Allerdings kann der Fahrer bei ausreichender Konnektivität aus der Distanz anwesend sein und über Fernsteuerungen die Kontrolle übernehmen.

Level 5 – vollautomatisiertes autonomes Fahren: Das Fahrzeug kann in allen Situationen sämtliche Prozesse selbst durchführen. Fahrer und menschliche Bedienelemente sind optional.

Üblicherweise wird erst ab Level 4 von autonomem Fahren gesprochen, während die darunterliegenden Level zum assistierten und automatisierten Fahren zählen.

Die folgenden Techniken sind für ein autonomes Fahren notwendig:

  • unterschiedliche Sensoren, um alle relevanten Parameter zu erkennen und überwachen
  • verschiedenste Aktoren, die menschliche manuelle Handlungen ersetzen
  • Car2X-Techniken, mit deren Hilfe Fahrzeuge untereinander und mit ihrer Umwelt kommunizieren
  • eine leistungsfähige digitale Datenverarbeitung in Form künstlicher Intelligenz zur Car2X-Kommunikation, korrekten Zusammenführung und Interpretation von Sensoreingaben sowie der Ausgabe von Steuerbefehlen

Vor allem die Kommunikation ist wichtig, damit Fahrzeuge im Verkehr sicher ohne menschliche Eingriffe operieren können – Sensoren allein können dies nicht leisten. Aus diesem Grund werden der 5G-Netzstandard sowie dessen umfassender, rascher Ausbau als so bedeutend angesehen.

AUTONOME TRANSPORTFAHRZEUGE: EIN WUNSCHTRAUM

Als in den Nachkriegsjahren der grenzüberschreitende Straßentransport immer bedeutsamer wurde, waren Lkw-Modelle wie der Büssing 8000 oder Mercedes LPS 333 äußerst anspruchsvoll zu lenkende Fahrzeuge. Dementsprechend fuhren auf Langdistanzen oftmals zwei oder gar drei Fahrer mit, die sich regelmäßig am Lenkrad abwechselten.

In den 1960ern und 1970ern wurden selbst große Zugmaschinen dann durch technische Entwicklungen einfacher zu handhaben. Es wurde pro LKW nur noch ein Fahrer benötigt, die Lohnkosten sanken.

Gerade der Wunsch nach einer Reduktion der Personalkosten gilt heute ebenso als eine treibende Kraft hinter der Autonomisierung der Fahrzeuge. Fahrermangel, die oftmals geringen Gewinnmargen sowie Lohn- und Arbeitgeberkosten für die Sozialversicherung – dies alles könnte durch autonome Transportfahrzeuge optimiert werden

Allerdings sind die Kosten nicht der einzige Grund. Trotz aller Arbeits- und Lenkzeitengesetze und verschiedener technischer Helfer sind überanstrengte, übermüdete Fahrer nach wie vor immer wieder der Auslöser für vermeidbare schwere Unfälle. Dies könnte, so versprechen es sich Fürsprecher, ebenfalls völlig unterbunden werden, wenn am Steuer der Computer sitzt.

Tatsächlich würde dies sogar für das Level des teleoperierten Fahrens gelten – wodurch Fahrer jederzeit von Kollegen abgelöst werden könnten. Natürlich würde die Teleoperation zudem eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität von Langdistanz-Truckern mit sich bringen. Sie könnten täglich an einem festen Ort arbeiten und dennoch alle fahrerischen Aufgaben bewältigen.

DIE KEHRSEITE DER MEDAILLE

Verschiedene Hersteller haben bereits elektrische Lkw-Modelle auf den Markt gebracht. Aktuell existiert jedoch jenseits von Prototypen kein Transporter, der ganz ohne Fahrer auskäme. Zudem wird das Thema der autonom funktionierenden Logistik auch kritisch gesehen.

Das Vorantreiben der Technologien kann mitverantwortlich für den wachsenden Fachkräftemangel sein. Im Hinblick auf möglicherweise bald kaum noch notwendige Fahrer entscheiden sich gegebenenfalls immer weniger Menschen für eine Ausbildung als Berufskraftfahrer.

Allerdings wären dies nicht die einzigen negativen Seiten eines autonomen Güterkraftverkehrs:

  • Anschaffungskosten: Vollautonome Transporter werden nochmals deutlich teurer sein als aktuelle herkömmliche Fahrzeuge. Zwar senken sie zweifelsohne die laufenden Betriebskosten, jedoch müssen Unternehmen zunächst die notwendige Investition „stemmen“ können.
  • Infrastrukturkosten: Für autonome Fahrzeuge sind eine flächendeckende, redundante 5G-Versorgung sowie Autonomie-taugliche Tank- bzw. Auflademöglichkeiten notwendig. Die dazu gehörenden Infrastrukturen müssen aufgebaut werden, was weitere Kosten bedeutet.
  • Tourenplanung: In der Theorie wird die Routenplanung durch die autonome Fahrzeugtechnik deutlich einfacher. In der Praxis wird es jedoch in Europa höchstwahrscheinlich lange dauern, bis auf sämtlichen Straßen alle Gegebenheiten bestehen, um einen vollautonomen Betrieb zu gestatten. Insbesondere die Mobilfunk-Infrastruktur muss tatsächlich zuverlässig und redundant auf jeder Straße vorhanden sein, die für Transporte genutzt werden kann.

Zweifelsohne bringen autonome Lkw und Kleintransporter starke Vorteile mit sich. Diese müssen jedoch für einen realistischen Blick immer zusammen mit den ebenso real vorhandenen Nachteilen und Herausforderungen abgewogen werden.

HERAUSFORDERUNG ETHISCHE FRAGESTELLUNGEN

Der Mensch bekommt als Fahrer und Verantwortlicher für ein Fahrzeug im Bereich des autonomen Fahrens immer weniger Gewicht. Hier werden bestimmte ethische Aspekte wichtig. Wenn ein Computer steuert oder ein menschlicher Fahrer nur zeitweilig und aus der Distanz lenkt, dann stellen sich völlig neue Fragen:

  • Muss ein autonomer Lkw im Fall der Fälle einen eventuell mitreisenden Fahrer, eine kostspielige Ladung oder andere Menschen schützen – und welche Abwägungsmuster müssen hier angelegt werden? (beispielsweise in sogenannten Dilemma-Situationen wie etwa „Gruppe von Schulkindern oder Rentner-Ehepaar?“
  • Wer haftet bei Unfällen durch technisches Versagen: Der Fahrzeughalter, der Fahrzeughersteller, ein Hersteller unfallrelevanter Technik (etwa verschmutzte Sensoren) oder gar der Staat? Experten sehen hierzu Black-Box-Techniken und Bewegungsprofile als einzige Lösung, wodurch sich wiederum Datenschutzbedenken ergeben.
  • Darf autonomes Fahren aufgrund großer Vorteile für die Verkehrssicherheit verpflichtend gemacht werden oder muss eine Wahlfreiheit gewahrt bleiben?
  • Ist es vertretbar, eine ganze Branche, die zudem systemrelevant ist und die gesamte Gesellschaft betrifft, so stark von technischen Systemen abhängig zu machen?
  • Wie kann der Computer jede Panne auf eine Weise erkennen, die es ihm gestattet, ohne Gefährdung Dritter einen sicheren Halt einzulegen? Gerade bei mechanischen Problemen ist dies sehr schwierig zu erkennen.

Tatsächlich erweisen sich solche Fragestellungen aktuell als kaum weniger herausfordernd als die rein technische Entwicklung von autonomen Transportfahrzeugen.

Zwar veröffentlichte schon 2017 eine durch das Bundesverkehrsministerium eingesetzte Expertenkommission ein Papier dazu. Allerdings hat Deutschlands Politik diesbezüglich noch wenig entschieden. 2021 wurde zwar der vollautonome Betrieb Level 4 gestattet, allerdings nur in festgelegten Bereichen und nach vorheriger Genehmigung – wenig mehr als ein gesetzlicher Rahmen, um einen realistischen Testbetrieb zu gestatten. Zudem muss bei grenzüberschreitendem Verkehr eine einheitliche politische Linie hergestellt werden, was selbst in der EU schwierig werden dürfte.

WANN WERDEN BERUFSKRAFTFAHRER OPTIONAL?

Wie der autonome Gütertransport auf der Straße aus technischer und regulatorischer Sicht funktioniert, wurde damit erklärt. Doch werden Güter künftig tatsächlich ohne menschliches Zutun transportiert? Hierzu gibt es verschiedene Antworten und Erklärungen.

Zwar ist der Güterverkehr aktuell derjenige Bereich, in dem autonomes Fahren wohl am frühesten beginnen wird. Das liegt an der hier besseren Kosten-Nutzen-Rechnung als beim Personentransport oder gar Privatverkehr. Dennoch wird es noch einige Jahre bzw. Jahrzehnte dauern, bis die technische Entwicklung und der Ausbau der Infrastruktur soweit sind. Das autonome Fahren auf Level 4 wird etwa in den 2030ern beginnen. Bis Lkw und Transporter für das Level 5 serienmäßig gebaut und vor allem überall eingesetzt werden können, dürften die 2040er anbrechen.

Ein Wandel wird zudem langsam und Schritt für Schritt vor sich gehen. Einige Bereiche eignen sich sicherlich eher für die Umstellung auf den autonomen Transport – dazu zählt beispielsweise der Werksverkehr in Hafenanlagen mit vorhersagbaren Routen. Auch die Be- und Entladetechnik lässt sich bei vielen Gütern automatisieren.

Als nächstes könnte der Transport auf der letzten Meile autonom werden. Auf den mittleren und langen Strecken dürfte jedoch noch länger eher das teleoperierte Fahren vorherrschen. Das wäre zudem eine gute Lösung für den Fahrermangel: Ein Fahrer könnte als „Drohnen-Operator“ mehrere Lkw aus der Zentrale kontrollieren. Durch geschickte (ebenfalls KI-gesteuerte) Taktung könnten die Situationen gestaffelt werden, in denen die Trucks aktiv gelenkt werden müssen – etwa die Fahrt über Landstraßen bis zum endgültigen Zielort, wo dann der Computer wieder das Einparken übernimmt.

Andere, besonders anspruchsvolle logistische Aufgaben werden hingegen noch sehr viel länger die menschliche Expertise benötigen. Dazu zählen etwa Schwer- und Sondertransporte, bei denen die jeweilige Ladung sehr individuelle Voraussetzungen mit sich bringt, besonders sensibel ist oder auch die zu befahrenden Strecken nicht normal befahren werden können.

Bis ein Großteil des europäischen Gütertransports völlig autonom erfolgt, dürfte auf dem Kalender 205X stehen. Ob dazu aber ebenso Transporte gehören, die sich nicht so einfach durchtakten lassen wie das Transportieren palettierter Güter oder Container von A nach B, ist völlig offen – gut ausgebildete Berufskraftfahrer werden noch für einige Zeit benötigt werden.

 

 

Bildquellen:

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